❓ | Für’s laufen bezahlt werden?
Menschen auf die Straße bringen, zum Laufen bewegen und der Umwelt etwas gutes tun – das hat sich STEPN, das Move2Earn-Crypto-“Game” zur Aufgabe gemacht. Der Anreiz dazu wird dadurch geschafft, dass man für das Laufen mit Tokens belohnt wird. Das Ganze wird begleitet durch eine App, die euren Runs trackt und entsprechend eines Algorithmus euch mit Tokens vergütet. Wie man einsteigen kann und ob das Ganze islamisch unbedenklich ist erfahrt ihr in diesem Beitrag!
🤔 | Wie ist das Ganze aufgebaut?
Der Anfang ist dann doch nicht so einfach. Um das Angebot und die Nachfrage regulieren und das Ganze nachhaltiger gestalten zu können, ist der Start nur durch Einladung, sog. “Activation Codes”, möglich. In entsprechenden Discord- und Telegram-Kanälen soll es da täglich welche zu haben geben. Alternativ könnt ihr euch durch Bekannte und Freunde einladen lassen, falls sie so einen “Activation Code” noch für euch übrig haben. Hat man den Activation Code, kann man sich die App runterladen und mit dem Einladungscode registrieren. Damit ist es aber auch noch nicht getan. Um Rewards, hier in Form von GST-Tokens und später auch GMT-Tokens, zu erhalten, braucht ihr nämlich ein Sneaker-NFT. Dieser ist in der App bspw. auf der Solana Blockchain zu erwerben. Der Einstieg ist damit nicht kostenlos. Sneaker-NFTs haben dabei verschiedene Eigenschaften, die einen Einfluss auf eure Rewards haben.
Habt ihr einen Sneaker erworben, so könnt ihr anfangen GST zu verdienen. Diese können zum einen verkauft werden, was letztendlich das Endziel sein sollte, werden aber u.a. auch gebraucht um den Sneaker-NFT in Schacht zu halten. Dieser nutzt sich mit den Runs nämlich aus und muss unter Einsatz von Tokens repariert werden. Tokens können ebenfalls dafür verwendet werden, um den Sneaker aufzuwerten, um mit diesem mehr GST zu erhalten. Der eigene Sneaker-NFT kann natürlich auch wieder verkauft werden. Hat man mehrere Sneaker, so ist es möglich weitere NFTs zu minten, also zu erstellen, um diese ebenfalls zu nutzen oder zu verkaufen. Es ist auch nicht möglich einfach permanent durchzulaufen, um Rewards zu gewinnen. Um einen Run zu starten braucht ihr nämlich Energie, welcher sich zu bestimmten Zeiten in bestimmter Höhe wieder aufladen. In diesem Video könnt ihr euch die ganzen Prozesse nochmal Schritt für Schritt anschauen.
💸 | Die Scharia-Perspektive
Eine ausführliche Ausarbeitung zur Islam-rechtlichen Beurteilung des Ganzen gibt es leider nicht. Mufti Billal Omarjee, Direktor bei Shariah Experts, Shariah Consultant bei Islamicfinanceguru.com, COO bei Marhaba Defi und Shariah Advisor bei Islamic Relief UK, beurteilt das Konzept von STEPN aber in einem Video-Interview. Im Folgenden fassen wir mal die wichtigsten Punkte zu den einzelnen Scharia-rechtlich relevanten Bereichen zusammen:
1. Kauf der NFT-Snekaer
Der Kauf der Sneaker läuft über den Coin “Solana” ab. Dieser wird von Mufti Billal als Scharia-konform angesehen und taucht ebenfalls in der Auflistung des Shariyah Review Bureaus als Scharia-konform auf. Auch gibt es keine erkennbaren bedenklichen Punkte am Sneaker-NFT an sich. Dieser bildet weder aus islamischer Sicht verpönte Dinge ab, noch findet eine Anwendung für eine nicht erlaubte Sache statt.
2. Laufen und Rewards in Form von GST und GMT erhalten
Bei beiden Reward-Tokens, die man Sneaker-NFT-Nutzer erhält, spricht nach Mufti Billal auch nichts gegen die Scharia. Das Geschäft wird hierbei als “Jualah Contract” gewertet. Zum “Jualah Contract” könnt ihr mehr in den AAOIFI Standards Kapitel (15) erfahren. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei, um eine Geschäft, bei dem ein Anbieter (Ju’l) jemandem (Amil) eine Vergütung verspricht, wenn eine gewissen Leistung erbracht wird. Es gibt weder eine Verpflichtung zur Ausübung noch eine zeitliche Vorgabe. Ein “Jualah Contract” ist relativ unkompliziert und flexibel.
3. Mögliche Probleme in Zukunft
Die folgenden Optionen bestehen zwar noch nicht, der Gebrauch dieser dürfte aber problematisch sein, wenn diese demnächst zur Verfügung stehen. Zum einen soll es die Möglichkeit geben die im Besitz befindlichen Sneaker-NFTs zu vermieten. Neben dem Kauf eines NFTs wird es also Möglichkeit der Miete geben. Vermieter und Mieter sollen sich die Rewards dann prozentual teilen. In diesem Fall wird das Geschäft aufgrund des Mietverhältnisses dann nicht mehr als “Jualah Contract” gewertet, sondern fällt unter den Bereich des “Ijarah Agreements”. Im Gegensatz zum “Jualah Agreement” gibt es bei einem “Jualah Agreement” aber sehr strikte Vorgaben, so z. B. das die vereinbarte Vergütung absolut, also in festem Betrag, feststehen muss und nicht prozentual festgesetzt werden darf. Nach Mufti Billal dürften die meisten Scharia Gelehrten die Option der Miete deshalb als nicht Scharia-konform einstufen.
Des Weiteren soll demnächst eine dritte Möglichkeit der Beschaffung von NFT-Sneakers geben. In diesem Fall soll es möglich sein diese zu finanzieren. Da derzeit keine weiteren Informationen vorliegen, wie das ganze geplant ist, kann Mufti Billal auch keine Bewertung vornehmen.
🚶🏻♂️ | Ist das kein Ponzi-System?
Kommen wir nun zu einem bedenklichen Punkt, zu dem sicherlich Meinungsunterschiede herrschen. Es stellt sich die Frage, ob es sich bei STEPN, um einen Ponzi-System handelt. Ein Ponzi-System wird dadurch gekennzeichnet, dass frühere Investoren oder Teilnehmer durch die Einlagen neuerer Investoren bzw. Teilnehmer ausbezahlt werden. Können nicht mehr genug Neukunden gewonnen werden, stürzt das ganze System ein. Auch wenn es Unterschiede zum Schneeballsystem gibt, kann es analog dazu verstanden werden. Im Fall STEPN scheint es nicht ganz klar zu sein, ob es sich um ein Ponzi-Scheme handelt. Es gibt zwei Lager, die einen sagen ja, die anderen nein. Rewards dürften zumindest zum Teil über die Einlagen der Kapitalgeber, die sich an STEPN beteiligen, ausgeschüttet worden sein, dennoch scheint es zum aktuellen Zeitpunkt noch keine wirklichen Einnahmequellen zu geben über die, die Auszahlungen finanziert werden können. Um nachhaltig zu werden müsste STEPN also solche neuen Geschäfte erschließen.
Auch wenn es unterschiede in den Ponzi-Systemen gibt, stufen die allermeisten Gelehrten solche Ponzi-Systeme generell als haram ein. Wenn man also zum Entschluss kommt, dass es sich hierbei um ein Ponzi-System handelt, sollte man lieber doch die Finger davon lassen.
🏁 | Fazit
Leider gibt es aktuell noch kein deutliches Urteil zu STEPN. Transaktionen, die zur Anwendung kommenden Token, der NFT als solches an sich dürften nach Mufti Billal aber für keine Komplikationen mit der Scharia sorgen. Problematisch dagegen ist die Frage, ob es sich dabei, um ein Ponzi-System handelt. Wenn ja, dürften es die allermeisten Scharia Gelehrten als nicht erlaubt ansehen. (Achtung – Nachfolgend persönliche Einschätzung:) Ich persönlich sehe da schon sehr starke parallel zum Ponzi-System und sehe da zum aktuellen Stand kein nachhaltig zu führendes Projekt. Ich würde eher nicht einsteigen.
Wahrlich, Allah (swt.) weiß es am besten!