❓ | Darf ich Forex traden?

Wer sich mit dem Thema Investments, Aktien & Co. beschäftigt, dürfte auch mal auf das “Forex Trading” gestoßen sein. Hier wird oft mit sehr hohen Renditen geworben, angeblich sei das Ganze einfach und schnell umsetzbar – das suggeriert zumindest oft die Werbung. In den folgenden Abschnitten schauen wir uns zunächst an was sich hinter dem “Forex Trading” verbirgt, ob hohe Renditen realistisch sind und ob dieser Art des “Investments” überhaupt halal ist.

🤔 | Was ist Forex Trading?

Ohne es zu wissen, dürften die allermeisten unter uns bereits Forex handel betrieben haben. Wer mal im Ausland war und seine Euros in die Währung eines anderen Landes getauscht hat, tut nämlich nichts anderes. Forex steht für “Foreign Exchange” und kann als Devisenmarkt, an welchem wie der Name bereits ahnen lässt Devisen, Währungen, gehandelt werden, übersetzt werden. Anders als im Urlaub, wo die Währung letztendlich tatsächlich als Zahlungsmittel zur Anwendung kommt, geht es beim Traden darum Kursschwankungen auszunutzen, um Gewinne zu realisieren.

Angenommen du hast vor einiger Zeit bei einem Kurs von 1€ pro 1,2$ einen Betrag von 100€ in Dollar getauscht und dafür 120$ erhalten. Der aktuelle Wechselkurs liegt aktuell bei ca. 1:1. So würdest du für die 120$ heute 120€ bekommen. Aus den ursprünglichen 100€ wurden somit durch die Ausnutzung von Kursschwankungen 120€. Du hättest 20€ Rendite erwirtschaftet.

Problem an der ganzen Sache ist nur, dass Kursschwankungen bezogen auf die Zeit nur sehr klein ausfallen, i.d.R. auch oft auch deutlich unter 1% über eine längere Zeit. Aus 1.000€ mal 1.010€ zu machen dürfte den Aufwand nicht wert sein. Deshalb geht mit Forex Traden i. d. R. auch das Hebeln einher. Statt mit 1.000€ zu handeln leiht man sich Geld von der Bank, um bspw. mit 100.000€ zu handeln. 1% würden hier schon 1.000€ entsprechen. Aus 1.000€ mal 2.000€ zu machen hört sich dann doch attraktiver an. Aber Vorsicht: Genauso kann es auch in die andere Richtung gehen. Macht man bei dieser Konstellation 1% Verlust statt Gewinn, ist man seinen kompletten Einsatz schon los.

Nun stellt sich die Frage, ob das Tauschen von Währungen halal ist? Wie sieht es mit dem gehebelten Trading aus?

⚖️ | Ist Forex Trading halal?

Wie des Öfteren verweise ich in Bezug auf die Islam-rechtliche Beurteilung des Ganzen auf die “Shari’ah Standards” der AAOIFI. Im Kapitel 1 “Trading in Currencies” des Nachschlagewerks könnt ihr euch die Einzelheiten direkt selbst anschauen. Hier einmal das Wichtigste in Kurzfassung:

Grundsätzlich ist der Handel mit Devisen erlaubt, sofern beide Parteien vor dem Handel die Währungen in ihrem Besitz haben. Der Tausch muss unmittelbar bei einer Sitzung erfolgen: Grundlegend gilt, dass beide Parteien das Gegenstück erhalten bevor sie auseinander gehen. In der aktuellen Zeit der Digitalisierung kommt man mit der Gegenpartei eher nicht in direkten Kontakt, hier muss der Austausch direkt unmittelbar und in einem Zug erfolgen. Eine “kurze” Verzögerung aufgrund von vorherrschenden Geschäftspraktiken ist gestattet, sofern man die entsprechende Bescheinigung für die Ausführung des Handels erhält.

Ausgeschlossen sind damit aber Termingeschäfte, sog. Derivate. Es ist also nicht gestattet einen jetzigen Kurs für die Zukunft zusichern zulassen. Derivate nutzen Anleger/Spekulanten, um mögliche Gewinne zu realisieren, wenn sich der Kurs in eine Richtung entwickelt: Gehe ich von einer weiteren negativen Entwicklung vom Euro gegenüber dem Dollar aus und sichere ich mir den heutigen Kurs von 1€ zu 1$. Liegt der Kurs in Zukunft bei 1€ pro 0,80$, kann/muss (gibt verschiedene Arten von Derivaten – führt hier sonst zu weit) ich von dem Termingeschäft Gebrauch machen und bekomme mehr Dollar für meine Euros als der aktuelle Wechselkurs das hergibt. Diese Vorgehensweise bzw. Derivate als solches sind weder für Privatanleger noch führ Unternehmen gestattet. Im Gegensatz zu “Anlegern” nutzen Unternehmen diese Produkte nämlich, um ihre Gewinne aus dem Ausland vor Kursschwankungen zu bewahren und dem Wechselkursrisiko zu entgehen.

Gegen den “normalen” direkten Währungstausch spricht also nicht. Wie steht es aber um den gehebelten Fall, bei dem man sich zusätzliches Kapital von der Bank bzw. dem Broker leiht. Zunächst ist zu erwähnen, dass jedem klar sein sollte, dass niemand (bzw. keine Bank) einem Geld leiht ohne selbst davon zu profitieren. I. d. R. werden beim gehebelten Handel damit Zinsen fällig, weshalb diese Vorgehensweise nicht gestattet ist. Es existieren aber auch Anbieter, die mit “keinen Zinsen” oder “islamischen Konten” für den gehebelten Handel werben. Auch in diesem Fall ist solch ein Handel nicht gestattet, da die Voraussetzungen an einen “islamischen” zinslosen Kredit verletzt werden: Der Anbieter verpflichtet den Trader nämlich dazu das Geliehene nur für den Handel auf der eigenen Plattform zu verwenden. Eine anderweitige Nutzung ist nicht möglich. Beabsichtigt werden da natürlich Gewinne, die durch Transaktionsgebühren oder auch Beteiligungen der Bank an einem möglichen Gewinn. Eine Islam-rechtliche Partnerschaft entsteht hier außerdem auch nicht, da sich die Bank nur an Gewinnen, aber nicht an Verlusten beteiligt. Bekommt man aber einen zinslosen Kredit über welchen man frei verfügen kann, gibt es kein Scharia-Verbot dafür. Solch ein Fall wird aber nicht existieren.

 

Außerdem gut zu wissen: Die Kombination aus Überweisung und Exchange ist zulässig. Wird von mir bspw. aus der Türkei ein Betrag in TL verlangt, darf ich die Überweisung in Euro tätigen und die Bank führt den Währungswechsel für mich durch. Die Bank darf für die Dienstleistung auch eine Gebühr verlangen, das stellt kein Problem dar!

💸 | Ist Forex Trading rentabel?

Forex-Broker oder selbst ernannte Forex-Gurus werben mit hohen Gewinnen. Letztere nicht zuletzt, weil sie hohe Provisionszahlungen für geworbene Neukunden erhalten! Die Statistik sagt da aber deutlich was anderes: Beim geheblten Währungshandel, was Forex fast ausschließlich ist, verlieren mehr als 80% der Trader Geld. So ist den Anbietern vom deutschen Gesetzgeber auch vorgeschrieben auf dieses Risiko und auf den entsprechenden Anteil der “Verlierer” (“80% der Anleger verlieren ihr Geld”) deutlich hinzuweisen.

Der nicht-gehebelte Fall ist dagegen aufgrund der niedrigen Schwankungen schon eher unattraktiv, auch wenn diese islamisch gestattet wäre. “Sinnvoll” wäre hier ggf. die Sicherung des Werts vom Vermögen über den Währungshandel, wenn die eigene Landeswährung unter starker Entwertung steckt. Währen der Euro/TL-Kurs vor einem Jahr noch bei 10 lag, liegt dieser heutzutage bei 18,5. Jemand der 10.000 TL seit letztem Jahr in TL belassen hat, hätte somit fast die Hälfte seines Vermögens quasi verloren. Wurde der Betrag damals aber in Euro umgetauscht, so war ein höherer Erhalt der Kaufkraft gewährleistet.

🏁 | Fazit

Gegen das direkte nicht-gehebelte Handel mit Währungen, wie wir es an der Wechselstube im Urlaubsland machen oder das digitale Pendant dazu, spricht nichts gegen – auch wenn nicht die Verwendung des Fremdwährung angestrebt wird, sondern Kursschwankungen ausgenutzt werden sollen. Das eigentlich Forex Trading, bei dem es eigentlich immer um das gehebelte Handeln geht, ist in allen Formen, die wir vorfinden, islamisch so nicht gestattet und haram. Unabhängig von der Scharia-konformität des gehebelten Handelns sollte den meisten aber klar sein, dass diese unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte auch nicht “sinnvoll” sind!

Wahrlich, Allah (swt.) weiß es am besten!

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