Immobilien in der Türkei?

Viele unter euch dürften bereits auf die Werbeanzeige der “Dünya Birlik” auf Social Media gestoßen sein. Hier wird das Angebot eher auch unter dem Namen “Immoinvest Ankara” vertrieben, welches sicherlich genauer auf den Geschäftsbereich des Unternehmens schließen lässt. Ich habe mich als potenzieller Anleger einmal im Details beraten lassen und stelle euch das Ganze im Folgenden einmal objektiv inklusive Chancen und Bedenken vor. Eine kurze Zusammenfassung des Ganzen findet ihr wie gewohnt auf den Social Media Profilen von halal-investieren.de. An dieser Stelle bedanke ich mich zunächst bei Dünya Birlik für das nette und aufklärende Gespräch.

Als selbsternanntes Sprachohr aller deutschsprachigen muslimischen Anleger versuche ich nachfolgend neben den “Chancen” auch auf Rahmenbedingungen aufmerksam zu machen, die aus Sicht einzelner Gruppierung ein Hindernis darstellen dürfen. Das Ganze versuche ich soweit wie möglich neutral ohne Wertung zu machen.

Eine kurze Vorstellung des Unternehmens ist bereits auf der unternehmenseigenen Internetpräsenz aufzufinden. Angeboten werden seit 2016 Anlagemöglichkeiten in Neubauprojekte zu hauptsächlich zwei bestimmten Absichten:

• Bereitstellung von Eigentumswohnungen für eine mögliche Auswanderung in die Türkei
• Investment in Neubauprojekte mit Absicht der Veräusserung der Anteile nach der Fertigstellung

Das Angebot richtet sich hauptsächlich an derzeit Ansässige in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bei “Dünya Birlik” handelt es sich aber um ein Unternehmen mit Sitz in der Türkei, ohne Zweigniederlassungen in den zuvor genannten Ländern. Dementsprechend werden die Geschäfte mit den Anlegern auch online und nach den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Türkei abgewickelt. Steuern für erwirtschaftete Gewinne werden demnach durch das Unternehmen in der Türkei abgeführt. Während die Auszahlung der Einlagebeträge auf dem Weg der Einzahlung erfolgen kann, muss man sich quasi selbst über eine mögliche Einführung der Gewinne kümmern. Alternativ eröffnet man zu diesem Zweck ein Konto in der Türkei und lässt sich die Gewinne auf das Konto auszahlen. Weitere Alternativen für eine Einführung sollten mit Dünya Birlik individuell abgeklärt werden.

Auch wenn ich es nicht groß an den Pranger stellen möchte, empfinde ich es doch wichtig zu nennen, dass die Geschäftsführung durch “Muhammed Ciftci” besetzt ist. Bekannt ist er eher auch unter “Shaikh Abu Anas” und war Vorsitzender der Einladung zum Paradies e. V. , welches laut deutscher Medien der salafistischen Bewegung zugeordnet wird. Ebenfalls ist er der Initiator des Hadsch und Umra-Veranstalters “Kaaba Reisen”. Mit der Nennung des Punkts beabsichtige ich keine Wertung des Ganzen. Ich denke aber, dass es für Anleger ein wichtiges Entscheidungskriterium sein kann, ganz egal, ob es für ein zusätzliches Vertrauen oder zu einer Abneigung sorgt.

Interessant ist für die allermeisten das zweite der zuvor genannten Angebote. Für Neubauprojekte werden hier Investoren akquiriert, die vor (bzw. während) des Baus sich an einer Wohnung beteiligen können. Auf diese Weise kann auf verzinstes Kapital von der Bank verzichtet werden, die Finanzierung läuft also vollständig durch Eigenkapital ab. Für die Fertigstellung der Projekte wird i. d. R. eine Laufzeit von 2-3 Jahren angestrebt. Dabei wird von einer Rendite von 30-50% ausgegangen. Ein Anteil einer Wohnung entspricht 6.000€. Die zu erwartende Rendite nach Fertigstellung und Veräußerung beläuft sich demnach für ein Anteil auf 1.800-3.000€. Die Zahlung des Investments kann dabei entweder als Einmalzahlung als Ganzes oder in 12 Raten, so bspw. hier monatlich je 500€, beglichen werden. Bei den genannten Konditionen handelt es sich natürlich um aktuelle Werte, die im Laufe der Zeit abweichen können. Aktuelle Konditionen könnt ihr euch direkt auf der unternehmenseigenen Webseite anzeigen lassen.

Habt ihr Interesse an einer Investition, so wird in einem kurzen Erst-Gespräch geschaut, ob die Zusammenarbeit klappen kann. Erwartungen, Absichten und die finanziellen Gegebenheiten des potenziellen Anlegers werden ausgetauscht. Scheint, dass Ganze zu passen, wird ein ausführlicheres Zweit-Gespräch vereinbart, in dem zum einen die praktische Vorgehensweise erläutert wird und offenen Fragen geklärt werden können. So wird einem hier bereits ein konkretes Angebot gemacht. Konkret bedeutet hierbei, dass einem sowohl das Projekt als Ganzes, inkl. Standort, Strategie, Ausstattung etc., als auch die genaue Wohnung, an der man sich beteiligen würde, näher gebracht wird. Auch werden mögliche best- and worst-Szenarien durchgerechnet und die Wertentwicklung zu möglichen Reinvestments durchgespielt. Die genaue Rendite lässt sich natürlich nicht festsetzen, was aber bemerkenswert ist, dass man eine Garantie zur Auszahlung des Einlagebetrags in jedem Fall laut Vertrag ausspricht. Zum Abschluss wird einem der schriftliche Vertrag vorgestellt, den man sich, falls man sich für ein Invest entscheidet, zuschicken lassen und digital signieren kann.

Bei Investments in der Türkei läuten bei vielen die Glocken. Auch per Social Media DM bekam ich des Öfteren den Hinweis doch bitte nicht den Skandal der 90er-Jahre mit den Holding-Gesellschaften unerwähnt zu lassen. Türkische Unternehmen, ganze vorne mit dabei Kombasan Holding, Yimpas, Endüstri Holding etc., beschafften sich in dieser Zeit nämlich Kapital von Türkei-stämmigen in Deutschland mit dem Vorwand halale Fabriken etc. in der Türkei aufbauen zu wollen und veruntreuten die Anlagen. Der entstandene Schaden wird hier auf 5 bis 50 Mrd. € geschätzt. Neben dem finanziellen Schaden sorgte der Skandal aber zu einem Vertrauensbruch gegenüber Anlagemöglichkeiten in der Türkei, die mit Glauben “gelabelt” werden.

Dies sei nur am Rande erwähnt und soll nicht Dünya Birlik belasten. Im Gegensatz zu den Versprechungen der damaligen Unternehmen kann Dünya Birlik nämlich bereits fertiggestellte Referenzen aufweisen. Dennoch muss erwähnt werden, dass der aufgestellte Vertrag (höchstwahrscheinlich) keine Wertigkeit nach dem deutschen Recht hat. Für den Fall der Fälle, (was ich nicht hoffe) kann man also schwer bis gar nichts, aus Deutschland zumindest, geltend machen. Eine Sicherheit gibt es in der Form also nicht. Es wird also ein gewisses Vertrauen vorausgesetzt. Ihr könnt euch gerne unter dem Instagram- oder Facebook-Beitrag über eure Erfahrungen austauschen! 😉

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Ich muss sagen, die Renditeerwartung ist schon sehr beeindruckend. Als unrealistisch würde ich diese auch nicht unbedingt ansehen, da man in Bauprojekte investiert und nicht in bereits vorliegende Immobilien. Es wird also ein Mehrwert durch die Errichtung geschaffen und der Gewinn resultiert nicht aus dem Handel, den Kauf und Verkauf, von Immobilien. Selbst der worst-case mit den angepeilten 30% in 2-3 Jahren dürfte für die allermeisten Neuanleger an der Börse schwer erreichbar sein. Vorausgesetzt man schenkt dem Ganzen sein Vertrauen, denn darauf basiert das Ganze hauptsächlich, wenn man bedenkt, dass der Vertrag kein Anspruch nach deutschem Recht darstellt. Entsprechende Referenzen werden ggf. direkt auf Anfrage vom Unternehmen geliefert.

Ich persönlich habe mich aber letztendlich gegen ein Invest entschieden. In Sachen Vertrauen bin ich, wie ich auch dem beratenden Bruder mitgeteilt habe, doch zu sehr Deutsch (vielleicht auch gut so 😅): “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!”. Dieses und weitere Rahmenbedingungen, so bspw. die Problematik der Gewinneinführung, und mögliche problematische Verbindungen aus der Sicht der Bundesrepublik führten letztendlich dazu, dass ich mich gegen ein Invest entschieden habe. Ihr seid bei eurer Entscheidung natürlich völlig frei und könnt das Ganze anders bewerten.

Wahrlich, Allah (swt.) weiß es am besten!