❓ | Futures, Optionsscheine, Swaps & Co.
Wer sich bei seinem Broker mal umgeschaut hat, wird gemerkt haben, dass es neben Aktien und ETFs auch weitere Anlageprodukte gibt, in die man investieren kann. Viele davon sind unter dem Oberbegriff des Derivats zusammengefasst. Der Zugang zu diesen ist für Privatanleger je nach Art mehr oder weniger möglich. Zu den bekanntesten Derivaten gehören Futures, Optionsscheine, Swaps und Zertifikate.
In den folgenden Abschnitten befassen wir uns damit was sich hinter diesen Produkten verbirgt und gehen der Frage nach, ob diese halal sind.
⏰ | Was sind Derivate?
Derivate haben selbst keinen inneren Wert, der Wert leitet sich von einem sog. Basiswert ab (lat. derivare = ableiten). Basiswerte können hierbei bspw. Aktien, Indizes, Rohstoffe usw. sein. Über ein Derivat kann man also von der Kursentwicklung profitieren ohne in das tatsächliche Gut investiert zu haben. Die Ausübung des Derivats erfolgt mit einem zeitlichen Abstand zum Abschluss, weshalb diese auch als Termingeschäfte oder Terminkontrakte bezeichnet werden. Unternehmen kaufen Derivate i. d. R. für die Absicherung vor Kursschwankungen. Sie können darüber heute festlegen, zu welchem Kurs sie in Zukunft bspw. Rohstoffe kaufen oder verkaufen können. Zum Einsatz kommen Währungsderivate insbesondere bei international agierenden Unternehmen, die sich vor Kursschwankungen absichern wollen und sich über das Derivat für einen Wechselkurs festlegen. Privatanleger nutzen Derivate dagegen zur Spekulation.
Je nach Art des Derivats werden diese entweder direkt an den üblichen Börsen, an besonderen Börsen, wie z. B. an der Eurex, oder OTC (Over the counter), sprich außerbörslich direkt mit einer Bank, gehandelt. Hierbei ist es möglich sich sowohl vor einem Anstieg oder als auch vor einem Abfall abzusichern bzw. es ist möglich auf den Anstieg oder Abfall zu “wetten”. Es stehen sich also immer zwei Parteien gegenüber. Außerdem gibt es die Möglichkeit über Derivate das Investment zu hebeln. Das Derivat steigt bzw. sinkt in dem Fall mehr als der zugrunde liegende Basiswert. Steigt der Basiswert bei einem Hebel von 1:10 um 5%, steigt bzw. fällt das Derivat um 50%.
Unterscheiden kann man Derivate in unbedingte und bedingte Derivate. Während unbedingte Derivate einen zur Ausübung verpflichten, ganz egal, ob dadurch ein Verlust oder Gewinn erlitten wird, räumen bedingte Derivate nur das Recht ein, das Derivat einlösen zu dürfen. Für unbedingte Derivate, so z.B. Optionen, werden deshalb Gebühren fällig. Anleger setzen zur Spekulation i. d. R. auf unbedingte Derivate.
🗂 | Arten von Derivaten
Schauen wir uns in diesem Abschnitt mal die bekanntesten Arten von Derivaten etwas genauer an!
Futures
Bei einem Future sind die Parteien dazu verpflichtet diese zu einem genau festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem zuvor festgelegten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. Sie werden in der Regel an der Börse gehandelt.
Swaps
Swaps sind Tauschgeschäfte, die es einem erlauben Zahlungsströme, wie zum Beispiel feste und variable Zinssätze ähnlicher Werte auszutauschen. Dieses Vorgehen reduziert die Risiken beider Seiten, ist jedoch meistens institutionellen Anlegern vorbehalten.
Optionsscheine
Optionsscheine ermöglichen es dem Besitzer einen Vermögensgegenstand, oftmals Aktien, innerhalb einer vorher festgelegten Laufzeit zum Basispreis zu kaufen oder verkaufen. Der Anleger spekuliert zuvor entweder auf steigende oder auf sinkende Kurse der Aktien und entscheidet sich so für Kauf-Optionsscheine (Calls) oder Verkaufs-Optionsscheine (Puts). Spekuliert ein Anleger bspw. auf den den Anstieg eines Kurses, so kann er einen Call-Optionsschein erwerben. Steigt der Kurs dann letztendlich wirklich kann dieser sein Derivat zu einem günstigeren Kurs unter dem aktuellen Kurs einlösen, sprich die Aktien günstiger kaufen und mit einem Gewinn direkt an der Börse wieder veräußern. Für diese Möglichkeit zahlt der Anleger eine Gebühr. Optionsscheine werden nicht zwingend an der Börse gehandelt.
⚖️ | Sind Derivate halal?
Da wir nun zumindest grob wissen worum es sich bei Derivaten handelt, ist es an der Zeit der Frage nachzugehen, ob diese halal sein können. Die AAOIFI gibt eine Beurteilung zu diesem Thema in ihren Standards ab. Wie die allermeisten wahrscheinlich nur aus dem Sprachgebrauch oben es erwarten, werden die konventionellen Derivatprodukte als nicht-Scharia-konform angesehen. Probleme stellen dabei u.a. die verspätete Ausübung, das Hebeln, das “Wetten” auf fallende Kurse usw. Für Unternehmen gibt es islamische alternativen zu Optionen. Diese sind aber auch nicht zum handeln, sondern zur Absicherung gedacht und Unterscheiden sich zu wesentlich zu konventionellen Optionen.
[Vgl. dazu AAOIFI Standards Shari’ah Standard No. (20) Sale of Commodities in Organized Markets]
Viele der hier genannten “Probleme” habe ich bereits hier im Beitrag zum Daytrading mit den entsprechenden Überlieferungen bereits angesprochen. Schau dir diesen gerne auch mal an!
🏁 | Fazit
Bevor man Urteil einfach so hinnimmt, ist es sinnvoll sich mit der Materie an sich zu beschäftigen. Dadurch kann man sich ggf. bereits selbst ableiten was für ein Urteil zu erwarten ist. Auch in diesem Fall entspricht das Urteil über Derivate den Erwartungen und Muslomen ist der Handel mit diesen nicht gestattet.
Wahrlich, Allah (swt.) weiß es am besten!